Unbekannter Bildhauer, um 1515
Kalkstein, Relief mit vertiefter Umschrift
Bratislava, südliche Außenwand der St. Martins-Kathedrale
Das Kollegiatkapitel war die bedeutendste kirchliche Institution im damaligen Pressburg. Im Spätmittelalter gehörten ihm bis 14 ordentliche Mitglieder - Kanoniker an. Die meisten von ihnen stammten aus dem ungarländischen Raum, aus Österreich und Böhmen.Der Kanoniker Kaspar Romer stammte aus einer Pressburger Familie der Romer (ältestes Mitglied der Familie ist bereits zum Jahr 1439 in Pressburg belegt - ORTVAY II/2, S. 285). Der Höhepunkt seiner Kariere war das Amt des Propstvikars (Stellvertretender des Kapitelvorgesetzten), das er seit 1495 innehatte (ORTVAY III, S. 307,311). Aufgrund seines Status war er bei den anlässlich der ungarländisch-österreichischen Verhandlungen gefeierten heiligen Messen im Jahr 1515 mit Sicherheit anwesend.
Den Hauptteil seiner Grabplatte bildet eine im Relief realisierte Figur des im Festgewand bekleideten Kanonikers. Die halb liegend, halb aufrechte Gestalt mit Kissen unter dem Kopf hält ein Ziboriumin der Hand. Rund um den Relief verläuft in spätgotischer Minuskel der Text: + Anno d(omi)ni 1515 feria quarta po/st conversio(n)is Pauli obiit venerabilis magister romer cano(n)i/cus po[so(ni)]en(sis) hic sepultus / orate pro eo (+ Im Jahre des Herrn 1515 am Donnerstag nach der Bekehrung des heiligen Paulus ist der ehrwürdige Magister Romer verstorben, Pressburger Kanoniker, begraben ist hier, betet für ihn). Die Jahreszahl auf der Grabplatte wurde später hinzugefügt und ist nicht korrekt (Romer war noch 1517 Zeuge eines Testamentes). Wie bereits A. Zajic bemerkte, handelt es sich um eine Standard-Grabplatte für höheren Kleriker der damaligen Zeit. (Ähnliche Grabplatte von Vinzent Paurenbeint in Baden von 1517).
Juraj Šedivý